Im Zuge der Energiewende wird zukünftig ein Großteil der Stromerzeugung auf Windkraft und Photovoltaik beruhen, die dargebotsabhängig erzeugen. Dadurch wird einerseits die Energieproduktion stärker davon abhängen, wann die Sonne scheint oder der Wind weht. Andererseits schwankt die Nachfrage im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf abhängig vom Verbrauchsverhalten. Es ist also nötig, Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen und aneinander anzugleichen. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Strom kann gespeichert und dadurch sozusagen in der Zeit verschoben werden, bis er benötigt wird. Dies ist das Thema dieses Artikels. Im Rahmen einer Blog-Reihe werden wir uns in den nächsten beiden Artikeln mit zwei weiteren Möglichkeiten beschäftigen: Strom kann an einen anderen Ort verschoben und dort verbraucht werden, wie es durch unsere Stromnetze geschieht. Und er kann angebotsabhängig lokal verbraucht werden. Es gibt noch andere Alternativen, die hier jedoch zunächst ausgeklammert werden, z.B. die Möglichkeit, nicht benötigte Kraftwerke abzuschalten.
Wofür brauchen wir Speicher?
Das Speichern von Energie erfüllt mehrere wesentliche Aufgaben und es gibt jeweils dafür besonders geeignete Technologien. Speicher können deshalb danach eingeteilt werden, wie viel Energie sie über welchen Zeitraum speichern können oder welche Funktionen sie im Netz erfüllen. Die Tabelle zeigt, welche Speichertechnologien für welche Energiemengen und Zeiträume geeignet sind.
Speicher / Ladezeit | <100 kWh | 100 kWh – 1 MWh | 1 MWh – 1 GWh | >1 GWh |
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1 Stunde | Pb (Stand-by), LIB (zyklisch), Schwungrad, Supercaps(-s) | Pb, LIB (konv.) | Pb, Pumpspeicher, LIB | Nicht definiert |
> 1 Stunde – 1 Tag | Pb, LIB, RFB, NaS, NaNiCl₂ | Pb, RFB, NaS, NaNiCl₂, NiMH, (künftig LIB) | Pb, NaS, NaNiCl₂, Druckluft- und Pumpspeicher, RFB (MWh), (LIB) | Druckluft- und Pumpspeicher, Sais. Wasser- und Gas/H₂-Speicher |
> 1 Tag – 1 Woche | RFB, NaS, NaNiCl₂ | RFB, NaS, NaNiCl₂ | Pumpspeicher | Sais. Wasser- und Gas/H2-Speicher |
Langzeit | Technisch/Wirtschaftlich nicht sinnvoll | Technisch/Wirtschaftlich nicht sinnvoll | Sais. Wasser- und Gas/H2-Speicher | Sais. Wasser- und Gas/H2-Speicher |
In Bezug auf die sinnvolle Speicherdauer wird oft nach Kurzzeit- und Langzeitspeichern unterteilt. Kurzzeitspeicher werden für Zeiträume von Sekunden bis Stunden verwendet. Von Langzeitspeichern wird in der Regel bereits ab einer Speicherdauer von über einem Tag gesprochen, auch mehrere Monate sind technisch bereits möglich. Je nach Speicherdauer sind die Speicher auch entsprechend geeignet für unterschiedliche Funktionen im Netz. [1] Eine mögliche Aufgabe für Kurzzeitspeicher ist, Systemdienstleistungen wie Regelleistungen und Blindenergie bereitzustellen. Diese halten das Netz stabil, denn im Stromnetz müssen sekundengenau Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt werden. Wie in der Grafik zu sehen ist, fallen außerdem im Laufe eines Tages Zeiten starken Verbrauches und Zeiten hoher Energieproduktion nicht immer zusammen.

Tagsüber erzeugte Sonnenenergie muss zum Beispiel teilweise in die Nachtstunden verlagert werden, um dort den Energiebedarf zu decken. Hier werden Kurzzeitspeicher eingesetzt, die mehrmals pro Tag Energie aufnehmen und abgeben. Das sind zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke, Druckluftspeicher oder Batteriespeicher. [2, 1]
Regelenergie: | Wird eingesetzt, um Schwankungen in der Stromnetzfrequenz auszugleichen |
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Blindenergie: | Wird eingesetzt, um Schwankungen in der Stromnetzspannung auszugleichen [2] |
Langfristig betrachtet ergänzen sich die Energiequellen Wind und Sonne meist in dem Sinne, dass zu Zeiten geringer Sonneneinstrahlung mehr Windenergie zur Verfügung steht und andersherum. [3] Dennoch muss das Energiesystem auch auf den Fall einer kalten Dunkelflaute eingestellt sein, eine Zeit in der geringe Windenergieerzeugung, geringe Sonneneinstrahlung sowie geringe Außentemperatur zusammen fallen. Hier kommen Langzeitspeicher zum Einsatz. Dies können Wasserstoff bzw. Methan oder auch große Speicherwasserkraftwerke sein. [4]

Eine andere Einteilung nach Funktionen kann in grundlastfähige, spitzenlastfähige und strategische Speicher erfolgen. In der Mittagszeit ergibt sich durch Sonnenenergie eine Erzeugungsspitze, die langfristig durch grundlastfähige Speicher in die Grundlast verschoben werden soll. Insbesondere morgens und abends fallen außerdem Verbrauchsspitzen an. Um diese zu decken, werden spitzenlastfähige Speicher genutzt, die dynamisch und in der Investition günstig sein müssen, da die Laufzeiten insgesamt gering sind. Für längere zu überbrückende Zeiten geringer erneuerbarer Erzeugung werden zusätzlich Langzeitspeicher benötigt, die auch als strategische Speicher bezeichnet werden. [4]
Wie viel Speicher brauchen wir?
Innerhalb der Strommarktdesignstudie des BEE wird ein Szenario mit einem auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg betrachtet. Darin steht in jeder Stunde zuverlässig ausreichend Energie zur Verfügung, indem sogenannte Flexibilitäten das erneuerbare Energiesystem ergänzen. Neben Speichern tragen auch Erzeuger oder Verbraucher zu den Flexibilitäten bei. Durch Sektorenkopplung entstehen hier große Potentiale: Elektrolyseure, die sich an der volatilen Einspeisung von Wind und Sonne orientieren oder überschüssiger Strom, der in Form von Wärme (Power2Heat) gespeichert wird und viele weitere Möglichkeiten. [1] Laut IEA müssten zum Erreichen der Klimaziele weltweit mindestens 10 Mio. MWh an Speicherkapazität installiert werden. In Deutschland waren bis Ende 2020 rund 175.000 Batteriespeicher im Register der Bundesnetzagentur registriert, die zusammengenommen eine Kapazität von 1.950 MWh und Leistung von 1.400 MW hatten. [5]
Ist ein Betrieb wirtschaftlich?
Für eine zuverlässige Stromversorgung bei Ausbau der volatilen Energien, müssen parallel Flexibilitäten im Stromsystem ausgebaut werden. Der Aufbau von Speicherkapazitäten stockt jedoch, denn aktuell ist deren Betrieb nur in wenigen Anwendungsfällen wirtschaftlich. Reine Speicher erwirtschaften, wie die Grafik zeigt, Gewinn indem Strom bei Überangebot zu günstigeren Preisen eingekauft und bei höheren Preisen wieder verkauft wird. Energiewirtschaftlich gelten sie damit gleichzeitig als Letztverbraucher des eingespeicherten sowie als Erzeuger des ausgegebenen Stroms.

Solange Stromspeicher dabei alle üblichen Nebenkosten und Strombeschaffungskosten zahlen, ist der Betrieb im gegenwärtigen Marktumfeld selten rentabel. Dies liegt daran, dass fossile Kraftwerke am Netz die Aufgaben von Speichern übernehmen und der Bedarf an Flexibilitäten im fossilen Stromsystem verhältnismäßig gering ist. Studien zeigen, dass erst ab einem höheren Anteil volatiler erneuerbarer Energien der Betrieb von Speichern ökonomisch vorteilhaft wird. [6]
Die Bundesnetzagentur schätzt die Behandlung als Letztverbraucher und Erzeuger als weder Vor- noch Nachteil, sondern den Funktionen im energiewirtschaftlichen System entsprechend ein. Denn eine zusätzliche Förderung von Speichern hat immer auch Auswirkungen auf die unmittelbare Konkurrenz, z.B. Gaskraftwerke und deren Wirtschaftlichkeit. Und deren Beitrag zu Flexibilität und Versorgungssicherheit schätzt die Bundesnetzagentur höher ein als den von Speichern. [6]
Dennoch gibt es teilweise Begünstigungen für Speicher. Eine Schwachstelle dabei sieht die Bundesnetzagentur im Umgang mit der EEG-Umlage. Denn Speicherverluste sind explizit von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Zur Erklärung: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sichert erneuerbaren Anlagen eine feste Vergütung pro kWh zu. Selbst bei negativen Strompreisen an der Börse bekommen diese Anlagen damit noch einen positiven Betrag ausgezahlt. Die Differenz wird aus der EEG-Umlage beglichen, welche alle Stromverbraucher belastet. [6]
Wenn nun Speicherverluste von dieser Umlage befreit sind, zahlen die Speicher für diesen Anteil also nur die niedrigen Preise an der Börse (bzw. bekommen bei negativen Strompreisen sogar Geld). Die Anlage, aus der der Strom kommt, bekommt aber auch weiterhin ihren fest zugesicherten (positiven) Betrag. Die Differenz wird aus der EEG-Umlage gezahlt und damit auf die nicht davon befreiten Stromverbraucher umgelegt. Bei Speicherverlusten von etwa 30 % bei Pumpspeicherwerken beläuft sich das auf jährlich ca. 287 Mio. €. Diese Begünstigung von Speicherverlusten verringert außerdem den Anreiz, die Effizienz der Speicher zu erhöhen. [6] Hier ist eine Überarbeitung der rechtlichen Situation notwendig. Für Speichertechnologien mit deutlich geringeren Verlusten hingegen ist diese Begünstigung weniger relevant.
Die Schere zwischen niedrigen und hohen Strompreisen innerhalb eines Tages ist im Laufe der letzten Jahre gestiegen und erhöht damit die Gewinne von Stromspeichern, wodurch der Betrieb wirtschaftlich lohnender wird. Allerdings ist noch nicht absehbar, wie lange dieser Effekt erhalten bleibt, weshalb Investitionen in reine Speicher weiter unsicher sind. Ein weiterer Faktor, der die Wirtschaftlichkeit von Speichern verbessern würde, ist die Besteuerung von CO2 Emissionen. Durch den damit steigenden Preis fossiler Energien, wäre im Vergleich das Speichern erneuerbar erzeugter Energie lohnender. [7]
Zentral oder Dezentral?
Derzeit werden Speicher meist direkt bei der Erzeugung oder bei Letztverbrauchern eingesetzt, da so u.a. zusätzliche Zahlungen vermieden werden. Insbesondere in Haushalten werden Batteriespeicher zur Optimierung des Eigenverbrauchs eingesetzt. Eine solche dezentrale Energiespeicherung spart Kosten für Infrastruktur- und Netzausbau. Große, zentrale Speichern hingegen reduzieren durch Skaleneffekte die Investitionskosten bezogen auf die Speicherkapazität und sorgen für hohe Effizienz, ausgereifte Technik und hohe Sicherheit. Ein weiterer Fall, in dem dezentrale Speicher vermehrt zum Einsatz kommen, sind Autobatterien. Deren Einsatz wird dadurch wirtschaftlich, dass sie im Rahmen des gesamten Autos abbezahlt werden. Der zusätzliche Einsatz als Speicher muss nicht die Kosten der Anschaffung decken. Für eine Wirkung im Netz, benötigen Netzbetreiber allerdings die Erlaubnis, auf den Speicherstand Einfluss zu nehmen. Und durch die Doppelnutzung als Auto müssen Abstriche gemacht werden: Der Speicher steht dem Netz nicht zur Verfügung, solange das Auto in Gebrauch ist. Die Wirtschaftlichkeit ist leichter gegeben, der Beitrag zur gesamt-netzlichen Versorgungssicherheit ist kleiner. [8]
Was bringt die Zukunft?
Im Gebiet der Speichertechnologien werden in den kommenden Jahren weiterhin Entwicklungen erwartet. Gerade in der Elektromobilität wird an günstigeren energiedichten Lithium-Ionen-Batterien gearbeitet, welche auch zur Konkurrenz für traditionelle Blei-Säure-Batterien werden könnten. Auch Redox-Flow-Batterien und Natrium-Schwefel-Batterien sind Teil der Entwicklungen. [9]
Einer von vielen innovativen Ansätzen in der Forschung ist u.a. der Gravitationsspeicher, der ein Gewicht nach oben zieht und dann durch Herablassen wieder Energie erzeugt. Dies kann in einem extra dafür gebauten Turm stattfinden, in ehemaligen Bergwerk-Stollen oder zum Beispiel auch in Hochregallagern. [9, 10]
Um auch in Zukunft eine sichere Energieversorgung bereitstellen zu können, werden Flexibilitäten im System benötigt. Mit deren Hilfe können erneuerbare Energien auch bei einem auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg den Strombedarf dauerhaft decken. Das Speichern von Energie ist dabei eine der Möglichkeiten für Flexibilitäten im Netz. Speicher sind nicht die alleinige Lösung, sondern sollten sinnvoll in Kombination mit weiteren Flexibilitäten eingesetzt werden.