Mit unserer Rolle als regionaler Energieproduzent im Kreis Heinsberg wollen wir dazu beitragen, die Energiewende bis 2040 zu bewältigen. Was sich so leicht sagt, verlangt jedoch in der Umsetzung ein Zusammenspiel vieler Aspekte, die weit über den regionalen Blick hinausgehen. Vieles muss parallel geschehen und ein erheblicher Planungsaufwand ist nötig, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Einer der naheliegendsten Punkte ist der wegfallende Kohlestrom, der in Zukunft durch Erneuerbare abgedeckt werden muss. Dabei bleibt es aber nicht, denn durch die Elektrifizierung von Verkehrs- und Wärmesektor sowie Industrie steigt der Strombedarf insgesamt. Gleichzeitig bieten sich hier aber auch Möglichkeiten, Synergien zu nutzen. Denn neben dem Ausbau erneuerbarer Energien bilden der Ausbau der Netze, Speichermöglichkeiten und weitere sogenannte Flexibilitätsoptionen die wichtigen Bausteine der Energiewende. Also hier einmal Schritt für Schritt alle wichtigen Zusammenhänge:
Sektorenkopplung
Um die gesamte Wirtschaft CO2-frei zu gestalten, liegt der Fokus nicht ausschließlich auf dem Stromsektor. Denn auch im Verkehrs- und Wärmesektor sowie der Industrie werden große Energiemengen benötigt. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen auch diese Bedarfe aus erneuerbaren Energien gedeckt werden – also überwiegend auf Strombasis [1, 2] . Dafür sind Änderungen in der Infrastruktur notwendig und der Gesamtstromverbrauch steigt in der Konsequenz. Zunächst könnte dieser erhöhte Strombedarf teilweise ausgeglichen werden durch Effizienzgewinne, die beispielsweise durch den Einsatz von Energieeffizienzmanagern und Energieaudits oder auch durch ein EU-Energieeffizienz-Labelling erzielt werden können [3] . Nach Schätzungen wird damit der Strombedarf 2035 auf einem ähnlichen Niveau liegen wie 2018, spätestens danach jedoch wird ein starker Anstieg des Strombedarfs erwartet [1] . Gleichzeitig ermöglicht die Umstellung der anderen Sektoren auf Strom, Synergieeffekte aus der Sektorenkopplung zu nutzen, da ein effektiveres Lastmanagement möglich wird und der Netzausbau erleichtert wird – mehr dazu unter Flexibilitätsoptionen. [2]
Ausbau Erneuerbarer Energien
Um diesen steigenden Strombedarf nachhaltig decken zu können, sollte bereits bis 2030 ein Großteil (min. 65 % [4] , besser 80 % [1] ) des dann vorliegenden Strombedarfes aus erneuerbaren Energien stammen. Als Säulen des Wachstums werden Windkraft on- und offshore und Photovoltaik eingesetzt. Dafür fordert der WWF beispielsweise jährliche Mindestausbaumengen von 2.500 MW (netto) und die Umsetzung der Sonderausschreibungen aus dem Koalitionsvertrag von 2018. [1]
Wind- und Sonnenenergie stehen regional ungleichmäßig zur Verfügung. Um langfristig die verfügbare Fläche sinnvoll zu nutzen und um den Netzausbau zu begrenzen, muss eine gleichmäßige Regionalisierung des Zubaus sichergestellt werden. Besonders bei Windenergie an Land kann es hier Anreize benötigen, weshalb unter anderem eine Südquote vorgeschlagen wurde. [1]
PV-Aufdach-Anlagen hingegen bieten den Vorteil einer sehr effektiven Flächennutzung, sind jedoch vergleichsweise teurer und im Ausbau abhängig von den jeweiligen Gebäude- oder Dacheigentümern. Um langfristig Flächenkonflikte zu vermeiden, müssen frühzeitig Werkzeuge zur Planung entwickelt werden, die eine gute Datengrundlage über das Flächenpotential beinhalten und das Belastungsniveau aufgrund anderer Flächennutzung einbeziehen. [1]
Als förderliches Umfeld des Zubaus erneuerbarer Energieerzeugung sollten bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen werden sowie regulatorische Hemmnisse beseitigt. Auch wird die Akzeptanz in der Bevölkerung durch Beteiligungsverfahren und die Möglichkeit finanzieller Teilhabe unterstützt. [1] Als weitere erneuerbare Quellen stehen z.B. Biomassekraftwerke und Biogasanlagen, Wellen-, Gezeiten- oder Meeresströmungskraftwerke, Geothermiekraftwerk oder Wasserstoffelektrolyseur zur Verfügung. [2] Auch die Kernfusion, zwar nicht im engeren Sinne erneuerbar, doch CO2-frei, steht in der Diskussion als Ergänzung des Energiemixes [5] . Vor- und Nachteile der einzelnen Erzeugungstechnologien werden wir in kommenden Beiträgen behandeln.
Netzausbau
Der dezentrale und variable Charakter des Stromangebots aus Wind und Sonne führt zu einem höheren Bedarf an Netzinfrastruktur. Man unterscheidet hierbei zwischen Verteilnetz und Übertragungsnetz. Die Verteilnetze sind die (meist unterirdischen) Leitungen, die den Strom zum Endkunden transportieren. Die Übertragungsnetze sind oberirdische Hochspannungsleitungen, die sogenannten Trassen. [2]
Für den Anschluss dezentraler onshore Windkraftwerke und Solaranlagen sowie Ladestationen für Elektroautos müssen zunächst insbesondere die Verteilnetze ausgebaut werden [2] . Dieser Ausbau, das sogenannte Startnetz, ist zunächst unabhängig vom späteren genauen Technologiemix und der Regionalisierung. Erst ab ca. 2030 werden Unterschiede in Abhängigkeit vom Ausbaumix der regenerativen Energien sichtbar. Erforderlich ist demnach eine Untersuchung unterschiedlicher Szenarien ab 2030, um den langfristigen Netzausbaubedarf im weiteren Verlauf genauer bestimmen zu können. [1, 6]
Flexibilitätsoptionen
Um den Netzausbau zu unterstützen bzw. zu entlasten, wird auf sogenannte Flexibilitätsoptionen zurückgegriffen. Das große Stichwort hierbei ist das Lastmanagement, um Leistungsspitzen oder –senken abzufangen. Dies kann durch das Nutzen flexibler Nachfrage, überregionalen Ausgleich bzw. Stromimport sowie durch den Einsatz von Speichern geschehen. [1] Zuletzt können auch Gaskraftwerke als Backup eingesetzt werden. Die Strompreisbildung ist hierbei komplex, die EEG-Umlage sowie der CO2-Preis beeinflussen sie und durch die Kombination aus variabler Produktion bei Erneuerbaren und die Inflexibilität von fossilen Kraftwerken kann es an der Börse zeitweise zu negativen Preisen kommen [7] .
Bei den Flexibilitätsoptionen spielt wieder die Sektorenkopplung eine große Rolle. Die Batterien von E-Autos können als kurzfristige Speicher verwendet werden oder Wärmepumpen können, je nach Stromverfügbarkeit, mit angepasster Temperatur arbeiten. [1, 2] Auch die Speicherung überschüssiger Energie aus Erneuerbaren durch Herstellung von Wasserstoff [2, 1] sowie weitere Speichertechnologien werden eingesetzt oder befinden sich im Forschungsstadium, so z.B. die sogenannten „Metal fuels“ [8] sowie weitere.
Energiewende – let’s do it!
Mit unserem Ziel, Kreis Heinsberg bereits vor 2040 komplett nachhaltig mit Strom zu versorgen, wollen wir unseren Beitrag zur Energiewende leisten und als Standort eine Vorreiterstellung einnehmen. Auch wenn wir erst am Anfang des Weges stehen: die Energiewende ist möglich! Der Weg dahin kann durch unterschiedliche Technologiemixe beschritten werden, doch die grundlegenden Zusammenhänge ähneln sich. Der hauptsächliche Zubau an regenerativen Energien wird auf Windenergie on-/offshore und PV entfallen. Dafür müssen zunächst vornehmlich die Verteilnetze, langfristig auch die Übertragungsnetze ausgebaut werden. Dies wird durch Flexibilitätsoptionen wie Speicher, überregionalen Ausgleich und flexible Nachfrage unterstützt. Im Zusammenspiel kann so der Strombedarf gedeckt werden, inklusive der zusätzlichen Nachfrage aus der Elektrifizierung von Wärme- und Verkehrssektor sowie Industrie.
Auf diesem Blog wird weiterhin über wichtige Nachhaltigkeits-Themen informiert werden. Über welchen Aspekt der Energiewende würdest du gerne noch mehr wissen? Schreib es uns in den Kommentaren!